Instant Payment: eine Perspektive für den Detailhandel?

Beitrag von Severin Pflüger, Geschäftsführer Verband elektronischer Zahlungsverkehr, stv. Geschäftsführer HANDELSVERBAND.swiss

 

Instant Payment ermöglicht Überweisungen von Konto zu Konto innert maximal 10 Sekunden. Das sollte doch für den Handel eine interessante Alternative zu den herkömmlichen Zahlungsmitteln sein. Leider ist es bis dahin noch ein weiter Weg.

Sie haben sicher folgende Zeitungsmeldung gelesen: Ab dem 20. August 2024 kann man auch in der Schweiz Instant Payment Überweisungen vornehmen. Mit Instant Payment wird in dem Moment, in dem man der Bank einen Zahlungsauftrag gibt, der Betrag vom eigenen Konto abgebucht und innert maximal 10 Sekunden direkt auf dem Konto des Empfängers gutgeschrieben. Dieser Dienst steht rund um die Uhr und an 365 Tagen im Jahr zur Verfügung. Das ist natürlich ein riesiger Fortschritt. Schade ist nur, dass es in der Zeitungsmeldung eigentlich hätte heissen müssen, dass man ab dem 20. August 2024 in der Schweiz auch Instant Payment-Zahlungen empfangen kann. Denn die meisten Banken ermöglichen ihren Kunden nur das Empfangen solcher Zahlungen – nicht aber das Abschicken. Diese Funktion wollen sie ihren Kunden erst später zugänglich machen. Wenn dies dann aber möglich sein wird, dann könnte Instant Payment für den Handel interessant werden und vielleicht auch eine Alternative zu den teuren Kartenprodukten sein. Ob letzteres eintritt, ist allerdings, wie wir weiter unten sehen werden mehr als fraglich sein.

Viele Hindernisse

Leider gibt es aber noch viele Hindernisse, die Instant Payment zuerst überwinden muss. So ist Instant Payment ein in sich geschlossenes System zwischen den Banken, welches keine Verbindung zu den Kassensystemen oder dem Check-out des Onlinehandels vorsieht. Dies ganz im Gegensatz zu den Kartenzahlungen, bei denen im Autorisierungsprozess mit der Kasse im Laden oder dem Onlineshop direkt kommuniziert wird. Zahlt ein Kunde mit Karte, dann geht es Tage, bis dem Händler die Zahlung gutgeschrieben wird. Der Händler erhält aber innert Sekundenbruchteilen ein Zahlungsversprechen an die Kasse, an der der Kunde gerade steht, und die gekaufte Ware kann ihm sofort überlassen werden. Beim Instant Payment erfolgt zwar innert maximal 10 Sekunden die Gutschrift auf dem Konto, aber es gibt kein Signal an die Kasse. Der Händler kann im Onlinebanking den Zahlungseingang zwar sofort sehen. Das nützt ihm aber wenig, denn deswegen weiss die Kasse oder der Onlineshop nicht, dass die Zahlung eingegangen ist. Der Händler könnte zwar im Onlinebanking nachsehen. Aber das ist dann doch arg umständlich und, wenn er in hoher Kadenz Zahlungseingänge verschiedener Kassen hat, die sich nicht den einzelnen Kassen zuordnen lassen, auch total illusorisch. Wenn sich Instant Payment im Detailhandel durchsetzen soll, dann braucht es hierfür eine Lösung. Solange es keine solche gibt, ist Instant Payment nicht retailfähig.

Das zweite Hindernis ist die Zeit. Wenn eine Transaktion 10 Sekunden dauert, dann ist das für Banken wirklich sehr schnell. Aber das Zeitempfinden ist relativ. An einer Kasse im Laden oder im Check-out im Internet sind 10 Sekunden eine Ewigkeit. Stellen Sie sich mal eine Supermarktkasse mit einer langen Menschenschlange vor und zählen zwischen der PIN-Eingabe und dem Drücken der O.K.-Taste langsam auf 10. Spüren Sie die aufkommende Ungeduld?

Das dritte Hindernis sind die Kosten. Im Moment hat Instant Payment für den Händler noch kein Preisschild. Manche Banken haben angekündigt, dass sie vom Sender, also vom Kunden, eine Gebühr verlangen werden. Der Kunde ist sich aber gewohnt, dass Zahlungsmittel gratis sind, resp. dass die Ware immer gleich viel kostet, egal welches Zahlungsmittel er nutzt. Solche Gebühren, zu Lasten des Kunden, werden mit Sicherheit die breite Nutzung bremsen. Umgekehrt heisst es in der Branche immer mal wieder, dass die Händler für Instant Payment eigentlich eine höhere Zahlungsbereitschaft als für die herkömmlichen Karten haben müssten, da sie mit Instant Payment viel schneller über das Geld verfügen können. Das bezweifle ich aber sehr. Händler lassen ihre Mittel über lange Perioden für sich arbeiten. Im Sommer kaufen sie fürs Weihnachtsgeschäft ein, im Herbst die Frühlings- und Sommermode. Da ist stets viel Kapital über Monate in Warenlagern und Ladenauslagen gebunden. Da macht es wenig Unterschied, ob die Kaufpreiszahlung innert 10 Sekunden oder am Folgetag eingeht. Wenn Instant Payment im Retail eine Chance haben soll, dann muss diese Zahlungsmethode billiger als die Kartenzahlungen sein.

Möbel, Reisen, Schmuck und Velos

Einen Anwendungsbereich, der sich bald erschliessen könnte, gibt es allerdings. Überall dort, wo grosse Warenkörbe und intensive Verkaufsberatungen auftreten, wird Instant Payment auch dann eine Rolle spielen können, wenn die oben ausgeführten Hindernisse noch nicht aus dem Weg geräumt sind. Beispielsweise in einem Möbelhaus kann die Wohnberaterin den Kunden dazu anhalten, anstatt mit irgendeinem Zahlungsmittel doch lieber direkt aus einer Onlinebanking-App eine Instant Payment-Zahlung auszulösen. Anschliessend fragt sie in bei Buchhaltung nach, ob die Zahlung eingegangen ist. Das ist zwar sehr personalintensiv, aber angesichts dessen, dass die Beratung ohnehin Zeit in Anspruch nimmt und es um grössere Summen geht, wird es sich dennoch lohnen. Leider sind dem Ganzen Grenzen gesetzt. Aktuell sind Instant Payment-Zahlungen nur bis zu einem Betrag von CHF 20‘000 möglich. Zu gross ist die Angst der Banken vor Geldwäscherei oder einem unkontrollierten Geldabfluss.

Haben Sie schon Erfahrungen mit Instant Payment gesammelt? Wir würden uns freuen, wenn Sie diese mit uns teilen würden: info@handelsverband.swiss

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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