Beitrag von David Morant, Carpathia AG, publiziert auf dem Carpathiablog
OpenAI hat diese Woche die Funktion „Instant Checkout“ für ChatGPT vorgestellt. ChatGPT Nutzer*innen in den USA können neu Produkte nicht nur suchen und vergleichen, sondern gleich auch direkt kaufen, alles ohne das Chatfenster zu verlassen. Ermöglicht wird dies durch das gemeinsam mit Stripe entwickelte Agentic Commerce Protocol. Die ersten grossen Commerce-Partner sind der Onlinemarktplatz Etsy und das Shopsystem Shopify. Das Commerce-Protokoll ist öffentlich, sodass schon bald weitere E-Commerce-Systeme und Händler angebunden werden können.
OpenAI verlangt von den Händlern eine kleine Verkaufsprovision und verspricht, nur die für die Transaktion minimal nötigen Kundendaten mit den Händlern auszutauschen. Die Händler sollen gleichzeitig die Kontrolle des Verkaufsprozesses beibehalten, von der Kommunikation und dem Fulfillment, über Retouren sowie den Aftersales & Support.
Im folgenden unsere Gedanken zur neuen ChatGPT Commerce-Funktion:
- Der klassische Kaufprozess umfasst die fünf Schritte Awareness, Search, Evaluation, Sales und After Sales. Bisher war ChatGPT bei der Search und Evaluation beteiligt, neu wird somit auch Sales, sprich die Transaktion, integriert.
- ChatGPT ist als Gatekeeper bzw. erste Anlaufstelle für Fragen und Antworten rund um Kundenbedürfnisse positioniert und steht damit im direkten Wettbewerb zu Google, Social Media und Onlineplattformen wie Amazon und hierzulande Digitec Galaxus. Mit „Instant Checkout“ steht für die etablierten Player nicht nur der Search und Evaluation-Traffic auf dem Spiel, sondern auch die Transaktion als Filetstück mit den wertvollen Provisionserträgen und Kundendaten. Die wichtigen Ertragsmodelle Retail Media, Performance Marketing und Verkaufsprovision stehen auf dem Prüfstand.
- Wer profitiert, wer verliert? Bei der rasanten Entwicklung schwierig abzuschätzen und verschiedene Szenarien sind denkbar. At risk sehen wir One-Stop-Shopping Plattformen mit Content-, Traffic- und Marktplatzfokus. Im Kern also die bisher gefeierten IT-Commerce-Unternehmen mit wenig Eigenmarken- und Eigenwarenhandel. Marken, Hersteller und Händler werden sich mittelfristig direkt an ChatGPT Instant Checkout anbinden. Differenzierung und Mehrwert abseits des Chatbots bieten Inspiration und Fulfillment, wie es beispielsweise Zalando nicht schlecht macht.
- Chancen sehen wir für Marken, Hersteller und Händler mit exklusiv verfügbaren Produkten. Für sie bietet ChatGPT einen neuen vielversprechenden Verkaufskanal mit potentiell weitergehenden Rechten an der Kundenbeziehung, als es etablierte Plattformen gewähren. Zu den Verkaufsprovisionen ist noch wenig bekannt. Erste Informationen deuten jedoch auf eine sehr kompetitive Preissetzung hin.
- One-Stop-Shopping Plattformen müssen sich gut überlegen, ob eine Anbindung an ChatGPT und Co. sinnvoll ist und wie sie damit umgehen, dass Chatbots ihre so wertvollen Social und Community Signals kostenlos für die Produktempfehlung abgrasen. Marken und Hersteller hingegen sollten verstärkt in den eigenen Marken-, Inspirations- und Content-Auftritt investieren, um von den neuen Gatekeepern möglichst einfach aufgefunden zu werden.