Bern, 8. Dezember 2020
Vernehmlassung zu den Vorschlägen des Bundesrates zur Eindämmung der CORONA Entwicklungen
Detailhandel ist kein Risikoort für Corona – Differenzierung Läden vs. Gastro
Der BR hat mit der gestrigen Ankündigung und Aufforderung um Stellungnahme bis Freitag an die Kantone mit der Einschränkung/Schliessung des Detailhandels („Ladengeschäfte“) und entsprechender Gleichschaltung von Restaurants / Barbetrieben neue Massnahmen in den Raum gestellt.
Der HANDELSVERBAND.swiss wagt an dieser Stelle zu fragen: Warum und mit welcher Evidenz werden Ladengeschäfte den Restaurants gleichgestellt? Es gibt seit Ausbruch der Corona Pandemie in der Schweiz keine Ansteckungsherde im Detailhandel. Die Schutzkonzepte funktionieren und wurden verschärft (absolute Maskenpflicht, Flächenbeschränkung, Zählsysteme). Gleichzeitig wird aber der Detailhandel mit den in den Raum gestellten Massnahmen den Restaurationsbetrieben gleichgesetzt, obwohl dort keine Maskenpflicht und keine Flächenbeschränkungen gelten, dazu kommen im Normalfall längere Verweildauern.
Gegenüberstellung von vergleichbaren Massnahmen
Ladengeschäft | Gastronomie | |
Maskenpflicht | Jederzeit | Nur bis man am Tisch sitzt, danach keine Pflicht |
Flächenbeschränkung | 4 m2 + 10 m2 / Person | Keine, sofern Schutzwände |
Abstand (indirekt) | 3.3 m x 3.3 m (=10m2) | 1.5 m x 1.5 m (=2.25 m2) |
Verweildauer im Kontakt mit benachbarten Personen | Im Normalfall < 15 Min | Im Normalfall > 15 Min |
Wir sind der Meinung, dass diese Haltung weder konsequent ist noch sich auf Erfahrungen abstützt. Im Gegenteil, eine Befragung unter 8000 Epidemiologen (700 Antworten) stützt unsere These und man ordnet der Gastronomie ein erhöhtes Risikopotential gegenüber dem Detailhandel zu.
Quelle: https://www.nytimes.com/2020/12/04/upshot/epidemiologists-virus-survey-.html
Unsere Meinung stützen auch zugängliche Daten in der Schweiz. Exemplarisch können die Ergebnisse von unterschiedlich harten Massnahmen in verschiedenen Kantonen als Erfahrungswerte herangezogen werden.
Ein Vergleich der Kantone Genf, Fribourg und Zürich
Der HANDELSVERBAND.swiss hat sich die statistisch repräsentativen kantonalen Google Bewegungsdaten auf Wochenbasis angeschaut, (was in den vergangenen Monaten in einzelnen Kantonen passiert ist.) Wir vergleichen dabei die Kantone Genf, Fribourg und Zürich. Grund für den Vergleich dieser drei Kantone:
- Genf hat Läden und Restaurants geschlossen
- Fribourg hat nur die Restaurants geschlossen und es hat kein interkantonaler Einkaufstourismus stattgefunden
- In Zürich waren weder Läden noch Restaurants geschlossen.
Die Daten zur Corona-Entwicklung entnehmen wir Corona-Data.ch. Relevant für die Mobilitätsbetrachtung sind die gelbe (Läden für tägl. Bedarf), orangen (Einzelhandel / Freizeit è insbesondere Restaurants, Museen etc.) und hellblauen Linien (Bahnhof/Haltestellen).
Genf
Der Kanton Genf hat die härtesten Massnahmen aller Kantone getroffen. Er hat Läden und Restaurants temporär geschlossen und kürzlich eine Lockerung zugelassen. Nachstehend die Bewegungs- und Coronaentwicklung in Genf bis und mit Ende letzter Woche. Wir stellen fest: Dank den harten Massnahmen konnte Genf die Corona-Ansteckungen substanziell reduzieren.
Quellen: https://www.google.com/covid19/mobility/ und https://corona-data.ch/
Fazit Genf: Die Grafik in Genf zeigt deutlich den Schliessungszeitpunkt und den Rückgang der Mobilität im Bereich Einzelhandel / Freizeit, auch die ÖV-Frequenzen knicken mit den Schliessungsmassnahmen ein. Die Frequenzen bei den Läden mit Gütern des täglichen Bedarfs bewegen sich rund um den Jahresdurchschnitt. Die Ansteckungszahlen (rechte Grafik) sinken dank der Massnahmen.
Fribourg
Der Kanton Fribourg hat «mittlere» Massnahmen getroffen. Er hat Restaurants temporär geschlossen, Läden blieben aber offen. Nachstehend die Bewegungs- und Coronaentwicklung in Fribourg bis und mit Ende letzter Woche. Wir ziehen folgenden Schluss: Mit mittleren Massnahmen (Restaurant Schliessung) konnte Fribourg die Corona-Ansteckungen ebenso substanziell reduzieren, wie der Kanton Genf. Offenbar haben Ladenschliessungen keinen zusätzlichen Effekt. Wir stellen fest: Dank den mittleren Massnahmen konnte Fribourg die Corona-Ansteckungen substanziell reduzieren.
Quellen: https://www.google.com/covid19/mobility/ und https://corona-data.ch/
Fazit Fribourg: Die Grafik für Fribourg zeigt deutlich den Schliessungszeitpunkt von Restaurants und den Rückgang der Mobilität im Bereich Einzelhandel / Freizeit (orange). Die Läden des täglichen Bedarfs liegen über dem Mittel, wohingegen im Bereich des ÖV keine substanzielle Veränderung eingetreten ist, dies hängt mutmasslich mit dem Offenhalten des Detailhandels zusammen. Trotzdem sinken die Coronaansteckungen mit der Massnahme Schliessung von Restaurants / Freizeiteinrichtungen in gleichem Ausmass wie in Genf.
Zürich
Der Kanton Zürich hat «leichte» Massnahmen getroffen. Für Restaurants gelten ausser der früheren Polizeistunde und Sitzpflicht keine weiteren Massnahmen, Läden blieben offen. Nachstehend die Bewegungs- und Coronaentwicklung in Zürich bis und mit Ende letzter Woche. Wir stellen fest: Mit leichten Massnahmen konnte Zürich die Corona-Ansteckungen nicht signifikant reduzieren.
Quellen: https://www.google.com/covid19/mobility/ und https://corona-data.ch/
Gesamtfazit und Empfehlung als Antwort auf die Forderungen des Bundesrates
Es ist offensichtlich, dass das Offenhalten von Freizeiteinrichtungen (Restaurants, Bar, Clubs) und deren Besuch ohne Maske und ohne Besucher / m2 Beschränkungen ein Treiber der Coronansteckungen ist. Andere statistisch relevante Unterschiede sind nicht offensichtlich.
- Temporäre Schliessung und Entschädigung von Umsatzausfällen von Gastrobetrieben Anstatt einer Schliessung der Restaurants um 19 Uhr fordern wir temporär eine generelle Schliessung von Institutionen, welche ohne Maskenpflicht und Flächenbeschränkungen arbeiten wollen / müssen.
- Offen halten des Detailhandels bis an Weihnachten
Dagegen kann der Detailhandel generell grade vor Weihnachten offengehalten werden, es besteht aufgrund der strengen Massnahmen und der Erfahrungen der letzten 9 Monate kein Anlass, diese Unternehmen in ihrem Betrieb einzuschränken. - Sonntagsverkauf zulassen
Mit der Schliessungspflicht der Ladengeschäfte per 19 Uhr können wir leben. Wir empfehlen aber – gerade um künstlichen Andrang an Samstagen zu verhindern – die geplanten Sonntagsverkäufe vor Weihnachten weiterhin zu ermöglichen. In Kombination mit der Schliessungsmassnahme Restauration dürfte damit der Einkauf zur „rationalen“ Angelegenheit werden.