
Beitrag von Linda Roos, Carpathia AG publiziert auf blog.carpathia.ch
Der Gesamtmarkt für Fashion in der Schweiz – sowohl online als auch offline – ist 2024 laut GfK auf rund CHF 7.4 Milliarden zurückgegangen. Das entspricht einem Rückgang von 1.7 % gegenüber dem Vorjahr. Der Onlineanteil liegt im Jahr 2024 bei etwa 30 %, was einem Onlineumsatz von rund CHF 2.2 Milliarden entspricht. Laut GfK und HANDELSVERBAND.swiss verzeichnete der Fashion-Onlinehandel einen Umsatzrückgang von 7 % im Vergleich zum Vorjahr.
In diesem Beitrag geben wir unser jährliches Update über die Entwicklungen im Schweizer Fashion-Onlinehandel.
Umsatzentwicklung der Fashionanbieter
Die folgende Grafik zeigt die Umsatzentwicklung führender Anbieter im Schweizer Fashion-Onlinehandel von 2016 bis 2024. Grundlage dafür ist unser Carpathia Umsatzranking, in dem alle abgebildeten Onlineshops vertreten sind.
Quelle: Carpathia | insights.carpathia.ch
Alle in der Grafik dargestellten Anbieter sind in unserem Carpathia Umsatzranking der Kategorie „Fashion & Accessoires“ zugeordnet. Einige von ihnen – darunter Shein, Bonprix und LaRedoute – sind jedoch keine reinen Fashion-Anbieter, sondern führen auch Produkte aus anderen Warengruppen. In der Darstellung wurden sie auf ihre Fashion-Anteile reduziert. Trotz ihres breiteren Sortiments wurden sie in die Grafik aufgenommen, da ihr Fashion-Segment signifikant ist und sie eine relevante Rolle im Schweizer Fashionhandel einnehmen.
Zalando dominiert den Markt weiterhin klar und hat seinen Umsatz seit 2016 mehr als verdreifacht. Besonders auffällig ist das Wachstum des asiatischen Anbieters Shein, der 2024 mit einem geschätzten reinen Fashion-Umsatz von CHF 200 Mio. dem früheren zweitgrössten H&M inzwischen den Rang abgelaufen hat.
Asiatische Onlinehändler mit über CHF 500 Mio. Fashion-Umsatz
Doch nicht nur Shein mischt als asiatischer Anbieter gross im Online-Fashion mit. Was viele nicht wissen: Auch bei Temu ist Fashion eine starke Kategorie. Wir schätzen Temus Fashionanteil auf etwa 35 %. Ähnlich hoch mit 30 % veranschlagen wir diesen Anteil auch bei Aliexpress. Damit haben «Shemuali» dem Schweizer Kleider-und Schuhmarkt 2024 geschätzte CHF 562 Mio. Umsatz entzogen – ein Trend, der mein Kollege David Morant in einem früheren Beitrag zusammengefasst hat.
Diese Entwicklung zeigt: Günstige Mode trifft den Zeitgeist – «Geiz ist geil» ist zurück, zumindest im Kleiderschrank. Die überquellenden Altkleider-Sammlungen zeugen ebenfalls davon und sind deutliche Indikatoren dafür, dass Billig-Fashion im Trend liegt.
Secondhand Online-Fashion: Schweiz hinkt hinterher
In anderen Ländern landen gebrauchte Kleider häufiger zuerst auf Secondhand-Plattformen – und das mit grossem Erfolg. In unseren Nachbarländern sind Anbieter wie Vinted oder Zalando Pre-Owned stark präsent. Besonders eindrücklich: In Frankreich ist Vinted mittlerweile sogar der umsatzstärkste Modehändler – noch vor klassischen Retailern. Dieser Erfolg zeigt, wie etabliert und gesellschaftlich akzeptiert Secondhand-Fashion dort bereits ist – deutlich stärker als in der Schweiz. Hierzulande hinkt der Markt im Vergleich noch hinterher: Grosse Plattformen wie Vinted oder Zalando Pre-Owned sind nicht aktiv, was auch die Übersicht der Schweizer Secondhand-Plattformen von meiner Kollegin Alexandra Scherrer zeigt.
Marktführer Zalando fusioniert mit About You
Eine weitere Top News im Bereich Fashion war im Dezember 2024 die geplante Fusion von Zalando und About You. Trotz des Zusammenschlusses werden beide Marken eigenständig weitergeführt, um ihre jeweilige Zielgruppe weiterhin gezielt anzusprechen. Zalando bleibt auch 2024 mit unseren geschätzten CHF 1.7 Mrd. Umsatz der umsatzstärkste Online-Fashionhändler der Schweiz. About You ist ebenfalls in der Schweiz vertreten, jedoch mit einem deutlich kleineren Marktanteil und einem geschätzten Umsatz von rund CHF 95 Mio. Durch diesen Zusammenschluss wird Zalando in der Schweiz Marktanteile gewinnen können.
Zalando ist auch bestrebt, weiter organisch zu wachsen und investiert in diverse Innovationen – so etwa in die virtuelle Umkleidekabinen, KI-basierte Grössenberatung und personalisierte Produktempfehlungen, mit denen der Mode-Riese seine Vorreiterrolle im europäischen Online-Fashionmarkt festigen möchte. Zalando bleibt damit der Taktgeber des Schweizer Fashion E‑Commerce.
Weitere Player im Schweizer Fashion-Onlinehandel
Neben den dominierenden Marktplätzen aus China und dem europäischen Marktführer Zalando gibt es im Schweizer Fashion-Onlinehandel weitere relevante Player mit unterschiedlichen Strategien, von exklusiven Clubmodellen bis hin zu breit aufgestellten Omnichannel-Formaten.
BestSecret konnte seinen Onlineumsatz von rund CHF 80 Mio. im Jahr 2022 auf geschätzte CHF 150 Mio. im Jahr 2024 nahezu verdoppeln. BestSecret verfolgt ein exklusives Clubmodell mit fokussiertem Zugang zu Markenmode. Wie mein Kollege Andrés Kobelt in der Analyse aufgezeigt hat, wächst BestSecret im DACH-Raum „leise, aber stark“ und gehört zu den konstanten Playern, die sich durch hohe Kundentreue und eine starke Nischenposition behaupten.
Neben dem reinen Onlinehandel im Fashionbereich bauen auch die Omnichannel-Anbieter ihre Onlinepräsenz zunehmend aus, bleiben jedoch weiterhin stark im stationären Handel vertreten.
So zum Beispiel H&M – der schwedische Modekonzern zählt mit einem geschätzten Online-Umsatz von CHF 160 Mio. in der Schweiz zu einer der grössten digitalen Modeanbieter hierzulande. In anderen europäischen Ländern wie Deutschland, Schweden oder Frankreich betreibt H&M eine Online-Marktplatzstruktur, auf der auch Drittanbieter ihre Produkte anbieten. In der Schweiz ist dieses Modell bisher noch nicht aktiv.
Auch Inditex mischt mit: Der Mutterkonzern von Zara erzielte laut Retail News im Jahr 2024 weltweit einen Rekordumsatz von 38.6 Mrd Euro. In der Schweiz schätzen wir den Onlineumsatz von Zara auf rund CHF 30 Millionen – trotz starker stationärer Präsenz ist das im Vergleich noch relativ wenig. Weitere relevante Online-Umsätze erzielt Inditex hierzulande mutmasslich über Zalando, dies mit seinen anderen Marken, wie Massimo Dutti, Bershka Pull&Bear oder Stradivarius.
Mit der 2025 strategisch neu positionierten Discountermarke Lefties versucht Inditex zudem, der wachsenden Konkurrenz aus dem asiatischen Onlinehandel etwas entgegenzusetzen. In der Schweiz ist Lefties noch nicht aktiv.
Relevante Player mit Fokus im stationären Fashionhandel
Trotz der zunehmenden Onlineverlagerung bleibt der stationäre Fashionhandel ein stabiler Bestandteil des Schweizer Markts. Die Auswahl der nachfolgenden Anbieter basiert auf ihrer stationären Marktrelevanz – insbesondere gemessen an der Anzahl Filialen. Viele verfügen über eine starke lokale Verankerung – darunter auch H&M mit 89 Filialen, das neben seiner digitalen Expansion weiterhin fest im stationären Geschäft positioniert ist. Zahlreiche Anbieter kombinieren ihre physische Präsenz zunehmend mit digitalen Angeboten, um im Wettbewerb relevant zu bleiben.
Chicorée ist mit über 180 Filialen im stationären Handel stark vertreten und spricht eine junge, preisbewusste Zielgruppe an. Mit der Übergabe der CEO-Rolle von Jürg Weber an die jüngere Generation wurde die digitale Präsenz ausgebaut – etwa durch eine App, VIP-Programme und einen Newsletter. Künftig soll die digitale Strategie weiter gestärkt und neue Online-Kanäle sollen erschlossen werden.
C&A Schweiz gehört mit 94 Filialen zu den grössten stationären Anbietern der Schweiz. Das Unternehmen verfolgt eine klare Digitalstrategie mit Click & Collect im Onlineverkauf.
Blackout betreibt 87 Filialen und richtet sich an ein jüngeres, trendbewusstes Publikum. Trotz der starken stationären Verankerung hat das Unternehmen seine digitale Präsenz in den letzten Jahren deutlich ausgebaut, unter anderem mit einem mehrsprachigen Onlineshop, ergänzt durch ein „Ship-from-Store“-System, bei dem online bestellte Artikel direkt aus Filialen versendet werden. Zusätzlich bietet die Blackout App ein integriertes Bonusprogramm mit digitalen Kundenkartenfunktionen. Dennoch bleibt der stationäre Handel weiterhin der zentrale Vertriebskanal.
Fazit
Der Schweizer Fashionmarkt befindet sich im Wandel. Der Gesamtumsatz geht zurück, und auch die Onlineumsätze sinken. Zalando bleibt auch in diesem Jahr an der Spitze des Marktes. Gleichzeitig gewinnen chinesische Plattformen zunehmend an Nutzer*innen – vor allem durch aggressive Preisstrategien und hohe Reichweite.
Der Trend zu günstiger Mode und verändertes Konsumverhalten, insbesondere bei jungen und preisbewussten Zielgruppen, verstärken diesen Wandel. In punkto Nachhaltigkeit hinkt der Schweizer Secondhand-Fashion-Onlinehandel seinen Nachbarländern hinterher. Im rückläufigen Markt sticht Best Secret mit stark steigenden Umsätzen sichtlich hervor.