Vernehmlassung: Corona Massnahmen – Stufenplan in Konsultation

Bern, 14. Dezember 2020

Position HANDELSVERBAND.swiss

Der BR hat am Montag, 14.12.2020 gemeinsam mit den kantonalen Gesundheitsdirektoren neue Eskalations-Massnahmen für die Reduktion der Corona-Zahlen diskutiert und in die Konsultation gegeben.

Wir sind uns bewusst, dass die Situation sehr angespannt ist und die Lagebeurteilung kontinuierlich erfolgen muss. Entsprechend begrüssen wir das vorgeschlagene nationale Vorgehen mit abgestuften, transparenten epidemiologischen Auslösemechanismen. Ebenso begrüssen wir die Hierarchie der Massnahmen sowie die grundsätzliche Trennung des Detailhandels von anderen Bereichen wie Gastronomie oder Freizeit (Lockdown Light).

Hingegen dürfte die Lockdown Medium Variante mit Schliessungen an Wochenenden den Einkaufsdruck auf weniger Tage verteilen. Hier wäre zu prüfen, ob nicht eine Ausdehnung oder zumindest Beibehaltung der Öffnungszeiten bei gleichzeitiger Anpassung der Flächenbeschränkungen (Erhöhung der m2/Person Fläche) die bessere Variante wäre. In jedem Falle ist die Messgrösse Anzahl m2/Person in Abhängigkeit der Verkaufsfläche auf maximal 2 Stufen zu beschränken (ähnlich der heute gültigen Regelung).

Betreffend der Variantenwahl im Lockdown Maximal begrüssen wir die Variante ohne Sortimentsabsperrung. Begründung: Während der ersten Welle hat die Diskussion um die Definition von „täglichem Bedarf“ für den Bürger zu unverständlichen Absperrungen geführt. Diesbezügliche Detailmassnahmen sind u.E. mit dem Fokus «Konsumentenwohl» zu entscheiden. Natürlich schafft dies für einzelne Formate Nachteile, diese müssen entsprechend über finanzielle Entschädigungsmodelle ausgeglichen werden (siehe finanzielle Massnahmen).

Begleitmassnahmen zugunsten des Handels bei einem Lockdown Maximal

Nachstehend zeigen wir notwendige Begleitmassnahmen insbesondere bei einem Lockdown Maximal von Non-Food Ladengeschäften auf. Denn auch über den täglichen Bedarf hinaus bestehen bei der Bevölkerung individuelle weitere Bedürfnisse, die der stationäre Handel unter Umständen nicht mehr wie gewohnt erfüllen darf. Der Onlinehandel steht in einem Teil-Lockdown erneut vor der grossen Herausforderung, der Versorgungsaufgabe in Pandemie-Zeiten nachzukommen. Aber auch Multichannel-Händler und alle Einzelhändler, die auf digitalen Kanälen, schriftlich oder telefonisch Kundenaufträge annehmen, könnten in dieser Zeit Bestellungen aus den Filialen heraus erfüllen. Um die Nachfrage zu entzerren, überlebenswichtige Einnahmen zu sichern, den Abverkauf schon disponierter oder vorhandener Saison-Waren zu ermöglichen, die Beschäftigung von Teilen des Personals sicherzustellen und Erleichterungen für die schnelle Bereitstellung von Gütern zu ermöglichen, sind folgende politische Begleitmassnahmen erforderlich:

Organisatorische Massnahmen Lockdown Maximal
  • „Langsame Schliessung“
    Eine schnelle Schliessung mit wenig Vorlauf verursacht mit grosser Wahrscheinlichkeit den Effekt eines Massenandrangs. Dies hat die kurzfristige Schliessung in Österreich gezeigt und ist aktuell in Deutschland zu beobachten. Angesichts der gewollten Reduktion der Kontaktpunkte, sollte eine Schliessung gestaffelt über mehrere Tage erfolgen. Je nach Ausprägung der Situation könnte dies auch mit begleitender Massnahme der zusätzlichen Anpassung der Flächenbeschränkung m2/Person erfolgen.
  • Bestimmte Formate unter strengen Auflagen offen halten
    Bau & Hobby Märkte, Blumenläden und Gartencenter sind wenn immer möglich offen zu halten. Die erste Schliessungsphase im Frühjahr hat gezeigt, dass gerade diese Formate einerseits unter hohen Schäden gelitten (verderbliche Ware) bzw. zur Infrastrukturüberlastung des Onlinehandels entscheidend beigetragen haben. Mit den normalerweise großflächigen Geschäften und entsprechenden m2/Person Vorgaben können diese Formate sicher betrieben werden.
  • Click & Collect zulassen
    Im ersten Lockdown war Click & Collect nur unter grössten Aufwendungen und sehr kompliziert möglich. In der Lockdown-Variante Maximal sollten Ladengeschäfte die Abholung von vorbestellter Ware mit persönlicher Übergabe unter Schutzmassnahmen anbieten dürfen. Auch eine Bezahlung vor Ort darf nicht ausgeschlossen werden, nicht jeder Bürger verfügt über entsprechende elektronische Zahlungsmittel. Eine solche Massnahme erlaubt es Bürgern, welche nicht online einkaufen können oder wollen, trotzdem die eine oder andere Not-Besorgung zu machen.
  • Personal Shopping zulassen
    Wenn die Vermeidung von „Massenandrang“ oberstes Ziel ist, dann sollten persönliche Verkäufe auf Anmeldung und Registration der Koordinaten zulässig bleiben. Ähnlich wie der Besuch beim Coiffeur, Physiotherapie oder Zahnarzt wird mit dieser Massnahme gewährleistet, dass Abstände / Schutzmechanismen eingehalten werden und Personen ohne Zugang zum Onlinehandel entsprechend einkaufen können.
  • Nachtarbeit / Sonntagsarbeit einfach bewilligen
    Sollte der stationäre Handel erneut eingeschränkt werden, wird der Druck auf den Online-Handel und die Post nochmals zusätzlich wachsen. Der erste Teil-Lockdown hat bereits Infrastrukturen von Handel und Post an die Grenzen gebracht. Bei einem weiteren Lockdown dürfte der Druck auf Onlineanbieter und Post nochmals steigen. Entsprechend sind temporär Bewilligungen für Einsätze ausserhalb der zugelassenen Arbeitszeiten einfach zu erteilen, um nicht planbare Sondersituationen meistern zu können. Dies sollte auch für Click & Collect Abholpunkte gelten – jede persönliche Abholung entlastet die Postinfrastruktur und hilft den wirtschaftlichen Schaden gering zu halten.
  • Lehrlingsausbildung
    Die Schliessung von Ladengformaten hat zur Konsequenz, dass Lehrlinge unter Umständen nicht die notwendigen Ausbildungsstunden zugesprochen erhalten. Es muss für Unternehmen möglich sein, Lehrlingen Teile derer Ausbildung in den Ladengeschäften trotzdem zu ermöglichen. Die Ausführung / Durchführung solcher Ausbildungselemente soll den Lehrbetrieben überlassen sein, aber mindestens möglich gemacht werden.
  • Freiwillige Schliessungen
    Die sehr weitreichenden Massnahmen des Lockdowns Maximal können dazu führen, dass der Betrieb eines Ladengeschäftes temporär nicht mehr sinnvoll ist bzw. ein grösseres Risiko darstellt als den Laden zu schliessen. Freiwillige Schliessungen auf der Stufe Lockdown Maximal sollten unter den finanziellen Begleitmassnahmen wie behördliche Schliessungen akzeptiert werden.  
Finanzielle Massnahmen Lockdown Maximal
  • Massnahmen der ersten Welle reaktivieren
    Sämtliche finanziellen Massnahmen zur Liquiditätssicherung der Unternehmen und zur Absicherung der Arbeitnehmer der ersten Welle sind zu reaktivieren (Stundung MWST, AHV etc., Betreibungsstopp, Kurzarbeit ohne Voranmeldung).
  • Härtefallregelung
    Ein Teillockdown „Maximal“ wird Händler erneut empfindlich treffen. Eine zweite Schliessungsanordnung dürften viele stationäre Händler ohne direkte finanzielle Hilfe nicht mehr überleben. Entsprechend sind Lösungen für Umsatzentschädigungen bzw. Kostendeckung vorzubereiten.
    Die aktuelle Härtefallregelung bezieht sich auf das Geschäftsjahr 2020. Ein erneutes „Runterfahren“ dauert bis ins Jahr 2021 und richtet Schäden über ein Kalenderjahr hinweg an. Die aktuelle Härtefallregelung muss spätestens mit Anordnung des Lockdown Maximal angepasst werden.
  • Mietzinsregelung
    Nach wie vor gibt es für die erste Lockdown Phase keine einheitliche Regelung betr. Mietzinsreduktion. Für einen erneuten Lockdown ist eine schweizweite Regelung anzustreben. In der Praxis hat sich die Drittel-Lösung in einigen Kantonen und Städten etabliert, eine entsprechende nationale Praxis für erneute Schliessungen – auch für die Gastronomie – drängt sich auf.
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