Wo sind die Grenzen des Service Public?

ODER WER HAT ANSPRUCH AUF EIN PERSÖNLICHES GESPRÄCH MIT DEM POSTBOTEN?

Bevor sie untenstehenden Bericht lesen: Der VSV vertritt seit Jahren die Auffassung, dass dem Kunden möglichst viele Zugangspunkte zu Postdienstleistungen gewährt werden sollen – der Online-Handel baut auf diesen Strukturen auf. Hingegen ist der VSV der Auffassung, dass der technologischen und quantitativen Entwicklung im Brief- aber auch im Paketverkehr Rechnung getragen werden muss und es ein Grundauftrag auch für die Post sein soll, Leistungen effizient und mit guter Qualität zu erbringen. Wir sind der Meinung, dass die Post heute qualitativ eine gute Leistung erbringt – auch wenn wir immer wieder über die hohen Preise im Vergleich zu anderen Ländern klagen und die Post einen im internationalen Vergleich von Logistikdienstleistern sehr hohen Gewinn erwirtschaftet.

Zum Bericht in der Rundschau

„Sie lebt ein hartes und einsames Leben. Die Bäuerin E.J. im Walliser Zwischbergental. Sie heizt und kocht mit Holz. Besuch kommt nur selten vorbei und seit Anfang September kommt nicht einmal der Briefträger zu ihr hoch“.

In einer doch sehr reisserischen „Reportage“ hat gestern die Rundschau aufgezeigt, dass es in der Schweiz sage und schreibe 830 Haushalte gibt, bei welchen die Post die Briefe und Pakete nicht mehr ans Haus bringt sondern in Postfächern deponiert.

Ja, ich habe mich über den Beitrag furchtbar aufgeregt, weil er Themengebiete miteinander verknüpft hat, welche nichts, aber auch gar nichts miteinander zu tun haben. Weil er durchwegs mit Suggestivfragen gearbeitet hat. Weil er ein Opfer-Täter Bild kreiert hat, welches in keiner Weise zur Post passt.

Ich frage mich, welcher Anspruch einer Privatperson zusteht, dass der Postbote Zeit haben soll, bei ihr Kaffee zu trinken (ab und zu auch einen Schnaps) und warum die Post die Funktion der sozialen Austauschplattform für Menschen bieten soll, welche die Einsamkeit und Abgeschiedenheit wählen.

Ich frage mich, wie eine Person in einer solchen Abgeschiedenheit leben möchte, wenn sie mal nicht mehr Autofahren kann oder mobil ist. Ist die Post wirklich dafür verantwortlich und Auslöser einer Problemsituation?

Ich frage mich, warum der Heimservice der Post in Regionen ohne Postagentur oder ähnlich der schlechtere Service sein soll, als bei einer Poststelle.

Ich frage mich, ob ein Haushalt Anspruch auf einen Postboten aus dem gleichen Dorf hat.

Und ich frage mich, ob jedes Burnout nur mit dem Beruf zu tun hat…

Ja, ich bin der Meinung, dass es ein unsäglicher Bericht war, welcher Personalführung mit Investitionen in neue Anlagen und Versorgung von Kunden in abgelegenen Regionen vermischt. Genau so undefinierbar war übrigens der nachfolgende Beitrag mit der Rangliste… (was man damit wohl sagen wollte?)

ABER und ich hoffe, dass dies auch der eine oder andere Politiker liest:

Der Bericht hat eigentlich auch gnadenlos aufgezeigt, was in der ganzen Postdiskussion falsch läuft. Die Post wird in den Köpfen von Medien, Politikern und Konsumenten als Ganzes dem Service Public zugeordnet und die Post geniesst diese Position auch. Denn genau mit diesem Gedanken kann sie Intransparenz schaffen und in schwierigen Diskussionen „jammern“ wie teuer die Erbringung des Service Public ist.

Müsste man denn nicht endlich zur Einsicht gelangen, dass das Thema verkehrt herum diskutiert wird? Müsste man nicht irgendwann dazu übergehen und gerade solche Gebiete wie im Bericht gezeigt einer Service Public Zone zuordnen (und einige andere auch), diesen teuren Versorgungsauftrag durchrechnen und ausschreiben? Der Steuerzahler könnte dann transparent an der Versorgung der hintersten Ecken solidarisch teilhaben und es wäre endlich sichtbar was es genau kostet (ich glaube persönlich, dass dies nicht so wahnsinnig teuer wäre). Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass die Post diesen Auftrag an Land ziehen würde und sich für die Haushalte nichts ändert. Die Politik und die Finanzministerin hätte dann die Möglichkeit den Servicegrad selber zu definieren und diesem Service-Grad Service Public ein Preislabel zu verpassen. Und die Post könnte nicht mehr von Subventionierung usw. sprechen sondern hätte einen genau definierten Auftrag zu erfüllen, den man dann in der Rundschau auch kritisieren und von der Post widerlegen kann.

Alle anderen Gebiete und vor allem alle Dienstleistungen könnten dann umgehend vollständig liberalisiert werden, denn es scheint unbestritten, dass in den Ballungsräumen eine Unterversorgung droht.

Und alle die jetzt aufgrund dieser Zeilen aufschreien sollten einmal in die viel gelobten skandinavischen Länder schauen, wie man dort den Service Public Auftrag geregelt hat. Ob die Dame im Wallis mit einer Zustellung in 7 Tagen zufrieden wäre?

zum Bericht in der Rundschau (ab ca. Minute 21)

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