Corona-Massnahmen 2.0 – Denkansätze

Die zweite Welle rollt an, was tun als Händler?

Leider konnte sie nicht verhindert werden. Die zweite Corona-Welle rollt und der politische Massnahmen-Flickenteppich ist weder ein schönes Mosaik, noch für die normale Bürgerin und Bürger nachvollziehbar. Die Ständerätliche Kommission sieht keine Notwendigkeit von Mietzinsanpassungen für die erste Phase… ihres Erachtens sei ja alles recht gut gegangen. Wir bleiben mit Kopfschütteln zurück. Handel und Gastronomie drohen nun erneut zwischen Stuhl und Bank zu fallen, auch wenn alle schwören einen 2. Lockdown verhindern zu wollen. Nachfolgende Zeilen sind nicht als Einverständnis mit all den Massnahmen oder «Ergebenheit in der Situation» zu verstehen, wir möchten einfach Denkanstösse geben, wie Händler in der Unsicherheit agieren können. Wir können die Situation politisch nur marginal beeinflussen. Entsprechend sollten wir uns auf das fokussieren, was wir die nächsten Monate selbst in den Händen haben und die Lehren aus dem ersten Lockdown möglichst vorwärtsgerichtet verarbeiten.

These

Unsere Thesen betr. Massnahmen seitens Kantons/Bund für die kommenden Wochen (der nächste Dienstag scheint gemäss gestriger Kommunikation der C-Day):

  • Home Office wo immer möglich
  • Universitäten und Weiterbildungsinstitute unterrichten Digital
  • Die Versammlungsbeschränkungen werden ausgeweitet – auch für private Anlässe/Treffen
  • Das Auto wird wieder zum bevorzugten Verkehrsmittel
  • Gastronomie: Nur noch x Personen pro m2
  • Weitreichende Maskenpflicht in geschlossenen Räumen, vereinzelt auch im Freien
  • Die Fussball- und Eishockeyspiele werden wieder vor leeren Rängen ausgetragen
  • Reisebeschränkungen werden hochgefahren – hingegen wird die Quarantänepflicht gelockert
  • Kein Lockdown von Ladengeschäften – aber eine generelle Maskenpflicht in öffentlichen Innenräumen

Generell: Die 2. Welle dürfte länger anhalten als die erste Phase. Wir gehen in Richtung Winter, es steht kein Frühling oder Sommer als «Gehilfe» für ein schnelles Ende bereit. Wir lernen aber mit Corona zu leben und umzugehen.

Was heisst das für uns Händler generell in Bezug auf Produktenachfrage der nächsten Monate?
  • Fashion: Die Saison Herbst/Winter wird insbesondere für «modische» und Business Kleidung nochmals schwierig. Hingegen dürften funktionale bis sportliche Wintermode guten Absatz finden, denn die Menschen werden wieder mehr Zeit haben, sich draussen aufzuhalten und zu bewegen. Aber auch Kleidung für das Cocooning an kalten Wintertagen wird gefragt sein. Ähnliches gilt für den Bereich Schuhe. Die schönen, eleganten Modelle sind weniger gefragt, Boots für den ausgeprägten Outdoor-Einsatz werden zum Renner. Hier drängt sich Black Friday zum ersten Abverkauf von modischen Winter-Textilien auf!
  • Sport: Ja, mit dem Skifahren wird es schwierig werden. Wenn es denn doch möglich sein sollte, werden die meisten Skifahrer auf ihr Equipment aus dem Vorjahr zählen. Hingegen dürften andere Outdoor Sportarten boomen: Schneeschuhlaufen, Skitouren, Langlauf, Winterbiken, Schlitteln etc. Alles was keinen oder wenig Restriktionen unterstellt wird, dürfte stark nachgefragt werden.
  • Möbel: Wurde im Frühling der Garten auf Vordermann gebracht, ist nun die Innendekoration an der Reihe. Die Wohnungen und Häuser wollen bei viel Heimarbeit und wenig Ausgang noch schöner gemacht werden. Wie schon im Frühjahr wird Heimtextil & Co nochmals einen Schub erfahren.
  • DIY: Es dürften mehr «Innenarbeiten» und Bastelübungen als im Frühjahr anstehen. Freuen Sie sich auf eine gigantische Nachfrage nach Lichterketten und alles was im Dunkeln und für Weihnachten glänzt und glitzert. Unbedingt nachbestellen. Auch Christbaumschmuck könnte in dieser Zeit einen Nachfrageboom erleben.
  • Heimelektronik: Die letzten alten Fernseher werden ersetzt, die Computerausstattung dürfte allerdings schon auf einem hohen Level sein. Hingegen bieten Themen wie «Smart Home», Stromsparen und Gaming nochmals Potential für «mehr». Die Themen Computer-Micro und -Kamera bieten Upselling Potential. Die Fotokamera unter dem Weihnachtsbaum ist dagegen kaum gefragt (abverkaufen). Spannend könnte auch weisse Ware werden (Waschmaschine, Trockner, Kühlschrank, Kaffeemaschine).
  • Lebensmittel: Die Lehren aus der ersten Phase gelten uneingeschränkt, je nach Dauer der Massnahmen dürfte die Vorweihnachtszeit eine besondere Herausforderung darstellen.
Was heisst es für das Format «Ladengeschäft»?
  • Lebensmittelhandel: Dieser wird nochmals einen Schub erleben – nicht zuletzt auch wegen der drohenden Reisebeschränkungen ins benachbarte Ausland. Der Einkaufstourismus wird wieder eingeschränkt, die Formate nahe am Lebensmittelpunkt werden profitieren. Non Food Formate in der Nähe von Lebensmittelhändlern und in Grenznähe werden mit profitieren können.
  • Click & Collect Konzepte aus der Schublade ziehen und umsetzen: Durchlaufen Sie am Montag Ihre Click & Collect Prozesse mit Ihrem Personal. Es ist einfacher dies im Vorfeld ohne Einschränkungen zu üben. Falls Sie noch kein solches Konzept haben, wäre jetzt der richtige Zeitpunkt dieses zu erstellen.
  • Hauslieferdienst hochfahren: Ja, Sie können es. Bieten Sie es ab sofort an. Zeigen Sie Ihren Kunden, dass Sie auch für dieser Welle gewappnet sind und flexibel und unterstützend mitdenken.
  • Ladenöffnungszeiten überdenken: Könnte es ein strategischer Vorteil sein, Ihr Geschäft schon um 7 Uhr ausschliesslich für Risikogruppen zu öffnen? Könnten Sie damit Kunden gewinnen und Ihren Umsatz sichern oder ist der Effekt völlig gegenteilig oder sogar existenzgefährdend? Falls Sie keinen Zusatznutzen in solchen Situationen sehen, überlegen Sie sich die Öffnungszeiten zu reduzieren. Macht es Sinn an üblichen Frequenzstandorten (Bahnhöfe/Flughafen) vollständig runter zu fahren? Generell: Lokales Gewerbe wird nochmals profitieren (Öffnungszeiten tendenziell ausdehnen), Zentrumseinkauf wird tendenziell leiden (Öffnungszeiten tendenziell reduzieren).
  • Personal Shopping zu Randzeiten: Bieten Sie doch „Personal Shopping“ in Ihrem Laden einfach mal an und schauen Sie, ob es Resonanz erzeugt oder nicht.
  • Schichten / Personalplanung / Kurzarbeit: Stellen Sie Ihre Planung nochmals auf den Kopf. Was ist effektiv Ihr Minimalbestand? Was passiert, wenn jemand / mehrere MA ausfallen? Bereiten Sie sich auf Kurzarbeit vor. Wir sehen vor allem mit den bestehenden Quarantäneregeln und den steigenden Ansteckungszahlen das Risiko von fehlendem Personal exponentiell steigen. Hier gilt ein besonderes Augenmerk auf mögliche Szenarien zu richten und allenfalls bereits im Vorfeld mit erprobten Dienstleistern Kontakt zu suchen.
  • Kommunikation / Werbung: Switchen Sie Ihr Werbebudget in Richtung digitale Kauftransaktion oder aber gezielte Frequenzerzeugung in Ihrem Geschäft. Keine Imagekampagnen und Werbung ohne Call to Action.
  • Logistik / Versorgung: Sichern Sie Ihre Logistik mit allen Mitteln ab! Teilen Sie Teams in möglichst viele Schichten ein, um interne Ansteckungsrisiken zu vermindern. Was tun Sie, wenn ein Versorgungsstrang in die Knie geht?
  • Arbeitsorganisation generell: Getrennte Pausen, Kantinen-Sitzplätze konsequent mit Abstand versehen, in Schichten essen, Homeoffice wo möglich etc. Alles was Sie schon einmal durchgespielt haben, gilt es jetzt wieder konsequent umzusetzen.
Und was bedeutet es für den Onlinehandel?
  • Mengenplanung überarbeiten: Gehen Sie nochmals in sich, rufen Sie die Erfahrungen der ersten Phase ab und sortieren Sie sich. Wo bekommen Sie Personal für die Logistik her? Wie planen Sie Ihre Schichten neu? Wann muss am Samstag gearbeitet werden? Wie organisieren Sie den Kundendienst bei doppelter Menge wirkungsvoll?
  • Warenbestände anpassen: Je nach Branche dürfen Sie nochmals mit einem Schub von bis zu 50 % rechnen. Wo kommen Warenengpässe auf Sie zu? Können Sie noch Ware nachbestellen und vorrätig machen? Wenn kein Nachschub möglich ist, sollten Sie die knappen Bestände von jeglicher Aktion ausnehmen. Evtl. geplante Black Friday-Angebote anders einsetzen. Brot- und Butter Sortimente gehören aufgestockt.
  • Arbeitsorganisation generell: Siehe oben mit dem Hinweis: Sie sind noch stärker von einer funktionierenden Logistik abhängig als der stationäre Handel…
  • IT-Kapazitäten vorsorglich erhöhen: Es kommen hohe Website-Frequenzen auf Sie zu. Sind Ihre Systeme bereit, die doppelte oder Dreifache Last zu tragen?
  • Zustellung: Die Post wird mit verbesserter Infrastruktur (neue Verteilzentren, Anpassungen Arbeitsplätze in den Verteilzentren, Briefkanal wird mitbenutzt) und vielen temporären Zusatzkräften die Zustellung von Paketen ermöglichen. Aus Vorgesprächen mit der Post haben wir eigene Berechnungen angestellt. Wir gehen davon aus, dass die Post in der Lage sein wird ab November 1.3 bis 1.4 Mio Pakete pro Tag zuzustellen. Die Sperrgut Zustellung wurde separat neu aufgestellt. Die Post ist wahrscheinlich für fast alle Fälle gewappnet. Aber trotz aller Zuversicht, sollte man immer einen Plan B bereithalten: Können Sie im Umkreis von Ihrem Logistikstandort im äussersten Notfall Alternativen nutzen? Falls ja: testen Sie es jetzt. Danach ist es zu spät.
  • Verpackung / Behältnisse / Nebenprodukte: Sind Sie im Verbrauchsmaterial ebenso geplant unterwegs wie mit Ihren angebotenen Produkten? Genug Karton? Genug Transportbehältnisse? Genug Toner etc.? Nichts ist schlimmer, als wenn es an «Nebenprodukten» scheitert.
  • Spezial Lebensmittel Onlinehandel vor Weihnachten: Gehen Sie davon aus, dass ab Anfang Dezember eine zusätzliche Nachfrage-Welle auf Sie zurollt. Die Wein- und Spezialitätenhändler sollten sich logistisch alle möglichen Kapazitäten sichern oder zusichern lassen.
Opportunitäten in der Kommunikation

Im Frühjahr hat sich gezeigt, dass die Werbepreise in gewissen «analogen» Formaten eingebrochen sind. Es dürfte auch in den nächsten Monaten Opportunitäten für Werbung in diesen Formaten geben. Analysen zeigen, dass auch gut gemachte Werbung mit echtem Call to Action in «analogen» Formaten die digitale Kundenreise zu animieren vermag. Machen Sie sich doch ein paar Gedanken: Zeitungswerbung, Fernsehwerbung oder das Direct Mailing in den Briefkasten haben grade in der ersten Corona-Phase zum Teil nie gesehene Responsequoten erzeugt und war sehr, sehr günstig zu haben.

Heatmap Herbst / Winter:

Nachstehend unsere bereits im Frühjahr publizierte Heatmap zu den zu erwartenden Effekten mit ganz minimen Anpassungen.

 

Die anstehenden Monate dürften noch mehr Herausforderungen mit sich bringen als im Frühjahr. Aber das Frühjahr hat auch gezeigt, dass kreative, konstruktive Ansätze von den Menschen in der Schweiz geschätzt und honoriert werden. Die Faust im Sack machen nützt nichts. Mit beiden Händen anpacken wird geschätzt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Top