Digitales „lafern“ in Bern

Lieber im Ausland als im Versandhandel einkaufen lassen

Letzte Woche hat BR Berset eine Reihe von möglichen Massnahmen publiziert, welche die Gesundheitskosten in der Schweiz endlich stabilisieren, wenn nicht gar senken helfen sollten. Eine der Massnahmen hiess:

Krankenkassenleistungen für Arzneimittel aus dem Ausland
Die Idee tönt auf den ersten Blick verlockend und einleuchtend. Über das Krankenversicherungsgesetz KVG dem Konsumenten die Beschaffung von Medikamenten im Ausland finanzieren – das ist allerdings sozusagen eine offizielle Lizenz zum Einkaufstourismus! Der Bundesrat möchte dazu «einen Vorschlag präsentieren», es scheint also schon sehr konkret zu sein. Auch die eingesetzte Expertenkommission hat sich offenbar positiv dazu geäussert. Wahnsinn, denkt der Leser – es geht endlich was an der Preisfront.

Und was hat der Bundesrat dem Parlament im neuen HMG empfohlen?
Nun ist dem Leser möglicherweise nicht bekannt, dass der gleiche Bundesrat bzw. das Parlament mit dem neuen Heilmittelgesetz  (HMG) – welches er uns als «Modernisierung» angepriesen hat –  den Versandhandel mit Medikamenten «grundsätzlich» verboten hat resp. dieses Verbot nicht aufheben möchte. Ausnahme: Man darf rezeptpflichtige UND rezpetfreie Medikamente gegen vorab vorliegendes Rezept verschicken! Zur Veranschaulichung: Dies bedeutet, dass ich zuerst zum Arzt gehen muss, um Alkaseltzer, Bephanten und Co dann daheim am Computer via Versandhandel einkaufen zu können. Der zeitliche und finanzielle Benefit des Online-Einkaufs wäre damit zu nichte. Sprich: Faktisch stellt das geltende wie das neue HMG ein Verbot dieser modernen Einkaufsmöglichkeit dar.

Medikamente wären im Schweizer Versandhandel 10 – 12 % günstiger
Warum ist dies so störend? Der Medikamenteneinkauf im Versandhandel ist im Schnitt 10 – 12 % günstiger als der Gang zur Apotheke. Wenn sich also der Preisüberwacher im ersten Schritt für die Nichtdiskriminierung des Versandhandels einsetzen würde, könnte schon ein Teil unserer Bevölkerung 10 – 12 % Kosten senken. Das funktioniert ohne gleich ins Ausland fahren zu müssen oder im Ausland zu bestellen.

Pharmasuisse: Die Lobby gegen den Versandhandel
Die zentrale Frage: Wer will den Versandhandel mit Medikamenten unbedingt unterbinden? Mittlerweile kann der Widerstand gegen den Versandhandel fast auf einen einzigen Verband reduziert werden: Pharmasuisse, welche mit möglichst protektionistischer Politik die stationären Apotheken vor ihrer eigenen, der Online-Konkurrenz, schützen will. Was in allen europäischen Ländern möglich ist, bleibt in der Schweiz verboten, weil sich eine Lobbyorganisation die Pfründe auf weitere Jahre hinaus sichern möchte.

Aber diese Lobby macht die Rechnung ohne den Wirten: Schon heute ist es problemlos möglich, Medis im nahen Deutschland im Versandhandel bei seriösen Anbietern zu bestellen. Das Schöne daran ist, es ist viel günstiger und man spart als Konsument dank grosszügigem Aufschieben von MWST-Anpassungen gleich auch noch die MWST (siehe Beilage). Alles legal und … vom Gesetzgeber so gewollt.

Digital lafern, aber wenn es dann um die Wurst geht…
Dass man nun das Ganze noch via Krankenversicherungsgesetz begünstigen und forcieren möchte, ist ein Hohn und kann nicht als ernstzunehmende Politik gelten. Während man den Schweizer Online-Handel blockiert, wollen wir das Online-Einkaufen im Ausland gleich staatlich regeln und öffentlich finanzieren? Das kann nicht Ernst sein und man sieht auch gleich, wie viel Wert ein digitales Manifest in der Realität hat.

Wir gehen aber davon aus, dass es aber mittlerweile genügend Parlamentarierinnen und Parlamentarier gibt – allenfalls der jungen Generation angehörend – welche solche Vorhaben rechtzeitig stoppen werden. Sie werden einstehen für Modernisierung, faire Preise- und notabene auch für Leute in Randregionen oder für chronisch Kranken, die heute auf den Online-Einkauf angewiesen sind.

Liebe Bundesräte, Experten, Parlamentarier und auch liebe Verwaltung: Nichts wie weg mit dieser Diskriminierung des Versandhandels in der Gesundheitsversorgung. Statt die Leute zum Einkaufen im Ausland aufzufordern: Passt die Schweizer Gesetze an, damit Schweizer Unternehmer hier in der Schweiz nicht länger diskriminiert und Konsumenten bevormundet werden.

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