Die Gebühren des Zahlungsverkehrs belasten uns Händler. Der HANDELSVERBAND.swiss ist aktives Mitglied im Verband Elektronischer Zahlungsverkehr (VEZ), welcher sich für die Reduktion dieser Gebühren einsetzt. Angesichts des konstanten Drucks des VEZ, senkt Visa nun per 1. Juli 2023 bei ihren mittlerweile weitverbreiteten Visa Debit-Karten die Gebühren für gewisse Händlergruppen.
1_ Das Wichtigste in Kürze
Wird mit einer Visa Debit-Karte bezahlt, so fallen diverse Gebühren an, die den Händler und damit letztendlich den Konsumenten belasten. Eine dieser Gebühren bildet die sogenannte «Interchange Fee». Diese erhält der Kartenherausgeber – folglich die Bank, von welcher der Kunde seine Karte bezogen hat. Die Höhe der Interchange Fee wird einseitig vom Card Scheme (im vorliegenden Fall: Visa) festgelegt. Gemäss den Auffassungen des HANDELSVERBAND.swiss sowie des VEZ sind diese Interchange Fees in der Schweiz massiv zu hoch, was sich durch wissenschaftliche Studie belegen lässt. Die Weko untersucht daher zurzeit die Höhe der Interchange Fee von vielen Bezahlkarten. Insbesondere auch jene von Visa Debit.
Visa hat nun angekündigt, dass sie die Interchange Fee für ihr Kartenprodukt «Visa Debit» anpassen wird, um damit einige Händler und Kartenakzeptanten zu entlasten. Für viele Händler wird sich jedoch nichts ändern und auch im Onlinehandel kommt es nur zu minimalen Verschiebungen.
Für die Mitglieder des HANDELSVERBAND.swiss entsteht daraus ein unmittelbarer Handlungsbedarf. Konkret müssen Sie mit Ihren Acquirern Kontakt aufnehmen und sicherstellen, dass Sie von den Gebührenanpassungen profitieren.
Für den HANDELSVERBAND.swiss sowie den VEZ gehen diese Gebührenanpassungen zu wenig weit. Sie halten eine viel deutlichere Senkung für angezeigt und wartet nun gespannt auf den Entscheid der Weko.
2_ Übersicht über die sogenannten «Rate Tables»
Nachstehend finden Sie die «Rate Tables» (Liste der Interchange Fee) für Visa Debit, wie sie bis zum 30. Juni 2023 gelten und die Neuerungen, die ab dem 1. Juli 2023 gelten werden. Wie aus der Beilage entnommen werden kann, gab es bis zum jetzigen Zeitpunkt unterschiedliche Tarife für verschiedene Branchen und die Interchange Fee wurde mehrheitlich in fixen Rappentarifen berechnet. Neu wird lediglich zwischen zwei «Branchen» unterschieden und die Höhe der Gebühr wird einen Wert in Prozenten der Zahlung betragen.
3_ Nischenhändler, Gastonomen, Hoteliers und weitere profitieren
Unter die Branche «General» fallen sämtliche Kartenakzeptanten, die nicht sogenannte «Everyday Spend»-Güter, wie Supermarket, Kleider, Möbel, Heimelektronik etc. verkaufen – also vorab Nischenhändler (wie beispielsweise Drogerien), Gastronomen und Hoteliers. Diese Gruppe profitiert am stärksten von den neuen Interchange Fee-Gebühren. Mussten sie beispielsweise bisher für eine Transaktion von CHF 50.05 eine Interchange Fee von CHF 0.28 zahlen, werden es ab 1. Juli 2023 nur noch CHF 0.10 sein und bei einer Transaktion von CHF 100.05 werden es CHF 0.20, anstelle von CHF 0.55, sein. Dies stellt eine spürbare Entlastung und eine klar spürbare Verschiebung dar.
4_ Wenig Effekt bei «Everyday Spend»
Bei den sogenannten «Everyday Spend» hat die Umstellung keine grosse Auswirkung und besteht hauptsächlich darin, dass nicht mehr in Rappenbeträgen pro Transaktion, sondern in Prozenten vom Betrag abgerechnet wird. D.h. für Unternehmen mit kleinen Warenkörben wird es günstiger und für solche mit grossen Warenkörben, wird es teurer. Da gilt es individuell abzuklären, wie hoch der Durchschnittseinkauf ist und welche Auswirkung die Gebührenänderung haben wird.
5_ Onlinehandel
Die Auswirkungen auf den Onlinehandel sind zweifellos bescheiden. Die Marktdurchdringung von Visa Debit liegt im ganz tiefen Prozentbereich. Trotzdem lohnt es sich, die Bewegung nachfolgend zu analysieren. Neu kosten hier alle Transaktionen 0.31%. Bis anhin gab es zwei Tarife: Für «secure-Transaktionen» wurden 0.29% fällig und für «non-secure-Transaktionen» zusätzlich noch CHF 0.05. Folglich bedeutet dies, dass «secure-Transaktionen» teurer und die «non-secure-Transaktionen» günstiger werden. Angesichts dessen, dass in der Schweiz «non-secure-Transaktionen» sehr selten sind, liegt vorliegend eine Verteuerung vor. Weshalb eine Online-Transaktion durchs Band teurer sein soll, als eine Transaktion mit einer physisch anwesenden Plastikkarte, erschliesst sich aus den aktuellen Gegebenheiten nicht.
6_Empfehlung an die Mitglieder des VEZ und des HANDELSVERBAND.swiss
Für Sie besteht Handlungsbedarf: Schauen Sie genau hin. Fällt Ihre Branche unter «General» oder haben sie eher kleinere Warenkörbe, dann profitieren Sie von einer Reduktion der Interchange Fee. Konsultieren Sie daher Ihren Acquiring-Vertrag. Sieht dieser ein sogenanntes «IF++-Model» vor, dann werden Ihnen die Reduktionen ohne weiters Zutun direkt weitergereicht (Das ist insbesondere der Fall, wenn sie mit SwiPay zusammenarbeiten, bei der Sie vom Rahmenvertrag mit dem HANDELSVERBAND.swiss profitieren). Haben Sie jedoch ein «Blended Rate-Model» (pauschalisierte Gebühr für alle Zahlungsmittel) gewählt, dann ist jetzt der Zeitpunkt, um auf Ihren Acquirer zuzugehen und eine Gebührenreduktion zu verlangen.
7_ Abschliessende Bemerkungen
Dass sich Visa hier bewegt, ist positiv zu werten. Insbesondere die Entlastung der Kartenakzeptanten, die unter «General» fallen, war überfällig. Es gilt jedoch nicht zu vergessen, dass dies nur unter dem hohen und konstanten Druck des VEZ und der Weko-Verfahren geschehen ist. Zudem liegen die Interchange Fees für Visa Debit noch immer weit über dem, was gemäss den Studien, welche der VEZ in Auftrag gegeben hatte, empfohlen wird (maximal 0.10%). Es besteht also sehr wohl Raum, um auf weiteren Senkungen zu beharren. Der HANDELSVERBAND.swiss wird hier weiterhin, zusammen mit seinen Partnern im VEZ, aktiv bleiben.
Generell haben der HANDELSVERBAND.swiss und der VEZ aber grosse Vorbehalte gegenüber dem Aufbau dieser Rate Table von Visa. Die fortwährende Unterscheidung zwischen «Card Present» und «Card Absent» macht angesichts der fortschreitenden Verschmelzung der Vertriebskanäle und der Verwendung von Mobileanwendungen im Präsenzgeschäft keinen Sinn. Auch macht es für den Handel nicht den geringsten Unterschied, ob ein Kunde mit einer «Consumer-» oder einer «Commercial-Karte» zahlt. Da ist es auch nicht zielführend beim Händler unterschiedliche Tarife dafür zu verlangen. In diesem Punkt bewegt sich Visa ganz offensichtlich in die falsche Richtung.
Wir warten nun gespannt, wie die Weko entscheiden und was MasterCard machen wird.
Autor: Severin Pflüger, HANDELSVERBAND.swiss/15. Juni 2023