Den Ergebnissen der Studie «Einkaufstourismus» zufolge verliert der Schweizer Detailhandel durch den Einkaufstourismus in diesem Jahr 8.43 Mrd. CHF. Im Jahr 2017 waren es noch 9.07 Mrd. CHF. Zwar legte der Online-Einkaufstourismus deutlich zu, jedoch war der Rückgang in stationären Geschäften im Ausland deutlich grösser.
Die neue Ausgabe der Langzeitstudie «Einkaufstourismus» vom Forschungszentrum für Handelsmanagement an der Universität St.Gallen (IRM-HSG) beleuchtet das Kaufverhalten von Schweizer Einkaufstourist*innen im grenznahen Ausland. Im Zentrum der Studie stehen die fünf Detailhandelsbranchen Lebensmittel, Drogerie, Bekleidung, Sport und Einrichtung.
Online-Wachstum kann Verluste in Geschäften nicht ausgleichen
Der Einkauf in stationären Geschäften im Ausland entwickelt sich rückläufig. Er ist seit 2017 über alle Branchen um mehr als 10% gesunken. So ist der durchschnittliche Betrag pro Einkauf in Geschäften im Ausland von 246 CHF auf 216 CHF gefallen. Dazu kommt, dass seltener im Ausland eingekauft wird, nämlich nur noch 4.8 Mal. Auch das ist ein Rückgang gegenüber 2017, damals lag die Einkaufshäufigkeit noch bei 5.2 Mal. Online hingegen kaufen im Vergleich zu 2017 mehr Konsument*innen im Ausland ein. Pro Online-Einkauf hat sich wenig geändert. So sind die Einkaufshäufigkeit und der Ausgabebetrag pro Person gleichgeblieben. Allerdings kaufen im Vergleich zu 2017 heute deutlich mehr Konsument*innen online ein. 2022 haben 41.9% der Konsument*innen online im Ausland eingekauft, 2017 waren es noch 37%. So legt der Online-Einkaufstourismus um gute 20% auf 1.45 Mrd. CHF seit 2017 zu.
Gute Ware für weniger Geld ist noch immer das Hauptmotiv für den Einkaufstourismus. Die hohe Inflation im Ausland schreckt jedoch ab. So bewirkt die inflationsbedingte Preissteigerung im benachbarten Ausland bei jedem fünften Einkaufsgast ein Umdenken. Viele kaufen wieder verstärkt in der Schweiz ein.
Mehrwertsteuerfreigrenze von 50 CHF und Zollabwicklung bremsen Einkaufstourismus
Die geforderte Beschränkung der Mehrwertsteuererstattung auf Einkäufe bis 50 CHF könnte den stationären Einkaufstourismus im grenznahen Ausland durchschnittlich um 32.6% reduzieren. Die Einführung einer Freigrenze von 50 CHF würde somit zu einer Reduktion des Einkaufstourismus im Umfang von 2.27 Mrd. CHF führen. Von den vielen weiteren Hindernissen, wie z.B. Wartezeiten an den Grenzen, überfüllte Züge, etc., kritisieren Einkaufstourist*innen insbesondere die aufwändige Zollabfertigung.
Starke Unterschiede zwischen den Branchen
In vier von fünf Branchen überstieg die Abnahme des stationären Einkaufstourismus die Zunahme durch den Online-Einkaufstourismus. Besonders auffällig war hierbei die Bekleidungsbranche, in der sich das Gesamtvolumen seit 2017 um ca. 300 Mio. CHF reduziert hat. In der Einrichtungsbranche stieg der Online-Einkaufstourismus mit ca. 123 Mio. CHF zwar am stärksten, wurde jedoch von der Abnahme des stationären Einkaufstourismus mit ca. 180 Mio. CHF übertroffen. Einzig die Sportartikelbranche verzeichnete sowohl beim stationären Einkaufstourismus einen Rückgang um ca. 159 Mio. CHF als auch im Online-Einkaufstourismus mit ca. 21 Mio. CHF.
Informationen zur Studie
Prof. Dr. Thomas Rudolph, Christopher Schraml, Christine Otto und Nora Kralle am Forschungszentrum für Handelsmanagement der Universität St.Gallen (IRM-HSG) untersuchten in einer Online-Befragung über 3000 Einkaufstourist*innen aus der Schweiz. Die Studie beleuchtet das Ausmass des Einkaufstourismus sowohl in stationären Geschäften als auch online, die Verhaltensänderungen seit 2017 und die Entwicklung in den einzelnen Branchen. Die Datenerhebung wurde vom HANDELSVERBAND.swiss der Swiss Retail Federation und der ALDI SUISSE AG finanziell unterstützt.
Die Studie kann hier kostenpflichtig bezogen werden.
Quelle: https://sport.unisg.ch/de/wissen/newsroom/aktuell/rssnews/forschung-lehre/2022/november/studie-einkaufstourismus-14november2022