Scharlatane im Zahlenwald

VON ZAHLEN UND ZAHLEN

Vor gut 2 Wochen hat eine an einer Veranstaltung von netcommsuisse kommunizierte Zahl die Runde gemacht und aufhorchen lassen. Aufhorchen lassen hat sie, weil die Zahl jenseits unserer Einschätzungen war und das Label „GfK“ getragen hat.

Über Twitter wurde folgende Zahl mit Foto verbreitet: „Online will grow explosivly over the next 7 years„. Versehen war das Bild mit der statistischen „Trustmark“ GfK und einem Onlineanteil am Gesamtmarkt von sage und schreibe 20 % im Jahr 2013!

Irritiert aber auch überzeugt, dass die Zahl falsch ist haben wir mit GfK Kontakt aufgenommen. Das Geheimnis hat sich aufgrund unserer Rückfragen in der Zwischenzeit gelüftet, das „Ergebnis“ ist aber erschreckend. Die von eCommerce Europe publizierte Zahl war der Online-Anteil Heimelektronik im niederländischen Markt!! Ohne mit der Wimper zu zucken wurden hier auf einem Chart in etwa 4 Falschaussagen durch Weglassung bzw. Verwendung nicht autorisierter Logos gemacht.

  • Falschaussage 1: Welcher Markt wird betrachtet
  • Falschaussage 2: Welche Region wird betrachtet
  • Falschaussage 3: Was ist die Basis für die Zahl (Firmeninfo, Kundenbefragungen, Schätzungen) und in welcher Relation steht die Gesamtzahl
  • Falschaussage 4: Zahlen stammen von „Trustmark“ GfK

Nun ist man geneigt solche „Schnitzer“ schnell abzuhaken in der Meinung, dass das ein „Sturm im Wasserglas“ sei. Wir sind der Meinung, dass dies in keiner Weise so stehen gelassen werden darf. Viele Unternehmen leiten Entscheide und Strategien aufgrund von Statistiken her, sie lassen ihre Haltung davon leiten und vertrauen auf die Echtheit von Zahlen.

Dies lockt leider immer auch Scharlatane und Möchtegern-Statistiker an, welche sich als Berater und Experten aufspielen. Ja, es macht auch nicht davor halt, dass  heute Verbände zunehmend „privatisiert“ werden und die „Verbandsinhaber“ es sich gut gehen lassen können. Man brüstet sich mit Grösse, Marktzahlen, Netzwerk, Engagement und Einzigartigkeit (!). Am Schluss ist es aber pures Profitdenken und Egoismus, welche diese „Institutionen“ antreibt. Sie vertreten nur die eigenen Interessen und nicht diejenigen der angeschlossenen Mitglieder. Und dies alles unter dem Deckmantel „Verband“. Erschreckend an der ganzen Sache ist noch etwas anderes: Offenbar gibt es genug Firmen, welche hierfür immer noch Geld zahlen und den Aussagen einfach glauben schenken… mein Weltbild zum kritischen Unternehmertum fängt in solchen Situationen leicht an zu wackeln.

Erkenntnis: Scharlatane und Möchtegern-Experten blenden mit einem zerbrochenen Stück Glas oder Spiegel. In diesem Falle hat der „Experte“ den Scherben „Heimelktronik Niederlande“ genommen und daraus einen ganzen Spiegel „rekonstruiert“. Dass mit einem Scherben kein ganzes Teil zusammengesetzt werden kann, ist jedem vernünftigen Menschen klar. Solche Märchen und Illusionen gehören auf den Jahrmarkt und nicht in den Berufsalltag

Ach ja, und dann war noch das Thema mit der starken Shopperin für 2020: Das ist dann heute (und war gestern) schon der Fall, es sei denn sie verkaufen Zement, Halbleiter oder Bremsscheiben.

Ach ja, und dann war noch das Thema mit dem explosiven Wachstum: Wenn etwas noch explodieren kann, dann die Bereiche Food, Möbel und Beauty. Die meisten anderen Sortimente sind im Online-Handel doch schon sehr weit und explodieren kaum mehr – sie entwickeln sich nun einfach mit hohen Wachstumsraten.

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