Wenn der EURO noch 1.20 CHF kostet

ZWEIFELHAFTE PREISVERGLEICHE

Ein Frust-Blogbeitrag: Erneut schlägt das Preisbarometer und die Konsumentenorganisationen mit Skandalschlagzeilen um sich. Von Abzocke und riesigen Preisdifferenzen ist die Sprache. Ich habe mir die Mühe gemacht ein paar Begebenheiten genauer anzuschauen:

  1. Umrechnungskurs EUR / CHF:
    Wenn die Vertreter des Preisbarometers den EURO zu 1.20 kaufen können, bitte bei mir melden. Ich bezahle dafür immer noch zwischen 1.23 und 1.25 CHF… und manchmal nimmt die Kreditkartengesellschaft noch ein Prozent Kommission etc. Wenn ich so grosszügig wie das Preisbarometer rechne, könnte man locker mal 4 % von der kommunizierten Preisdifferenz abziehen. Ja, ich weiss, die Deutschen müssen nicht EUR zu EUR wechseln und man kann über dieses „Tüpflischeissen“ streiten. Aber in der Brieftasche des Schweizer Einkaufstouristen schlägt sich dies nieder.
  2. Wie wird eine durchschnittliche Preisdifferenz errechnet?
    Ich habe im Fach Statistik gelernt, dass man Ausreisser eliminiert (in diesem Falle könnte man mal den Teuersten und den Billigsten eliminieren und etwas mehr Mittelwerte einstreuen). Warum? Viellecht hat Real grade eine Aktion geführt, Coop oder Manor aber nicht (ich weiss es aber nicht, ist nur eine generelle Feststellung bezüglich Ausreissern – siehe auch Punkt 3). Wenn wir nämlich nur die billigsten Anbieter miteinander vergleichen ist die Differenz viel kleiner und jeder Konsument hat das Recht in einem Land beim billigsten Anbieter einzukaufen oder zu bestellen. Alle anderen Preisaufschläge in einem Markt sind Marketing (siehe auch Kaffee bei Starbucks)…. Wenn wir die teuersten Anbieter in der Schweiz und Deutschland (und Toys’r Us ist es dort sicher nicht, eher ein Kaufhof oder so ähnlich) vergleichen würden, wäre die Differenz wahrscheinlich auch etwas kleiner. Gibt halt nicht so eine schöne Schlagzeile….
  3. Aktionen werden nicht berücksichtigt?
    Warum wird z.B. nicht berücksichtigt, dass in der Erhebung am 25. November bei Toys’R‘ Us die Legos günstiger waren als in D? Warum wird in der Statistik der höhere Preis geführt als der effektiv zu bezahlende?
  4. Und dann war doch da noch die 20 % auf alle Spielwaren Aktion bei Coop oder Migros?
    Wann war das schon wieder? Ende November oder Anfang Dezember? Hat Real in der Weihnachtszeit auch nochmals 20 % Rabatt gesprochen?
  5. Wie berechnet man mit 2 Anbietern aus Deutschland und 3 Anbietern aus der Schweiz CH einen Durchschnitt?
    Meine Unterstellung: man zähle die Schweizer Indizes zusammen und teilt durch 3 und zählt die Deutschen Indizes zusammen und teile durch 2. Die Differenz gibt ziemlich genau 30 % (Punkte). Genau gerechnet (also %  von %) wären es dann 29 %… aber auch das ist gemäss meinen Statistikkenntnissen falsch. Wenn man nämlich nur einen teuren Anbieter einberechnet, ist die (falsch berechnete) Differenz „nur“ noch 25 % (vor Währungskorrekturen und leichten Schummeleien meinerseits)
  6. Warum weisen Coop und Manor im Vergleich mit Italien ein identisches Preisvergleichsniveau von 120 % aus, während sonst durchwegs Unterschiede bestehen? Sind Coop und Manor nun gegenüber Toys’R‘ Us generell 20 % teurer oder sind es nur 12 % (Coop) bzw. 17 % (Manor) wie im isolierten Preisvergleich? Natürlich stört diese Differenz auch im Ländervergleich mit Deutschland (Honi soit qui mal y pense)
  7. Preisvergleich Schuhe
    In der Mitteilung wird mit keinem Wort erwähnt wie gering die Preisdifferenzen im Bereich Schuhe sind…. ist halt keine Schlagzeile wert. Und dass die dummen Schweizer Händler immer noch unglaubliche Zölle pro Kilo (!) Schuhe bezahlen ist wahrscheinlich auch niemandem bekannt.

Eine Anregung für einen etwas anderen Preisvergleich: Wieviel bezahlen Sie ihren Angestellten (bitte inkl. Arbeitgeberkosten) und wieviel kostet ein Angestellter bei einer Konsumentenorganisation in Deutschland oder Frankreich (natürlich auch inkl. Sozialabgaben)? Das wäre doch auch mal ein Preisvergleich wert oder? Und bitte diese Löhne dann auch zu 1.20 EUR umrechnen und nicht zu 1.50 EUR wie in den immer wieder hervorgekramten Studien aus dem Jahr 2009.

… und das schlimmste an der Sache: Die Medien fressen diese Mitteilungen auf und scheiden sie unverdaut aus.

… und ja, es nervt. Vielleicht ist nicht alles zu 100 % richtig was hier geschrieben steht und ich nehme statistische Belehrungen gerne entgegen.

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